Mittwoch, 12. August 2009

Nachtrag zum Ausflug in die Poesie




Nun wollte ich mich in diesen Tagen mit Leidenschaft auf den Rilke stürzen - bei mir geht das ja immer nach dem Motto "ganz oder gar nicht" - "Sekt oder Selters, so ist das wohl bei Ihnen", sagte mein neuer Chiropraktiker (eigentlich aber praktizierender Philosoph) gestern zu mir - - und ich schaute nach, ob es vielleicht eine Rose mit Namen Rainer Marie Rilke gibt. Was fand ich? Kordes brachte 1970 eine Floribunda-Rose heraus, namens: Uwe Seeler, und d i e wurde auch unter dem Synonym R.M. Rilke gehandelt! Na, was ein Absturz aus meinem Rilke-Höhenflug! Und dann las ich noch, daß Rilke an akuter Leukämie erkrankte, nachdem er sich in seinem Garten beim Rosenschneiden verletzt hatte. Es wird erzählt, daß es für ihn als großer Rosenfreund ein tröstlicher Gedanke gewesen sei, daß sein Leiden von einem Rosendorn herrührte! D a s war nun selbst für mich sentimentalen Menschen einfach zuviel. So hab ich das Kapitel Rilke erstmal ad acta gelegt. Und bin dem Bedürfnis nach einem heiteren Rosengedicht nachgegangen. Und landete bei dem guten alten Heinrich Heine:
Alte Rose

Eine Rosenknospe war
Sie, für die mein Herze glühte;
Doch sie wuchs, und wunderbar
Schoß sie auf in voller Blüte.
Ward die schönste Ros im Land,
Und ich wollt die Rose brechen,
Doch sie wußte mich pikant
Mit den Dornen fortzustechen.

Jetzt, wo sie verwelkt, zerfetzt
Und verklatscht von Wind und Regen.
Liebster Heinrich bin ich jetzt,
Liebend kommt sie mir entgegen.

Heinrich hinten, Heinrich vorn,
Klingt es jetzt mit süßen Tönen;
Sticht mich jetzt etwa ein Dorn,
Ist es an dem Kinn der Schönen.

Allzu hart die Borsten sind,
Die des Kinnes Wärzchen zieren -
Geh ins Kloster, liebes Kind,
Oder lasse dich rasieren.

So - genug der Poesie: im Garten sieht's nicht poetisch aus - Unkraut satt - morgen muß ich mal ran! Liebe Grüße von: Jutta




Sonntag, 9. August 2009

Noch ein kleiner Ausflug in die Poesie







Überraschend, daß ich neuerdings feststelle, daß ich eine besondere Beziehung zu Dichtern habe, die Rosenliebhaber waren, was ich aber erst jetzt entdecke - durch Zufall: irgendwo beim Lesen, beim Zettelfinden, die seit vielen Jahren in meinen Gedichtbänden stecken. Heute bin ich auf Rilke gestoßen, der schon immer zu meinen Lieblingen gehörte, auch wenn mir manches an seinen Gedichten zu schwer und zu traurig und auch unverständlich erscheint. Er war ein großer Rosenfreund, und aus seiner Pariser Zeit als Privatsekretär von Auguste Rodin gibt es eine Episode, die ich sehr berührend finde: Rilke kam gemeinsam mit einer jungen Französin um die Mittagszeit an einem Platz vorbei, an dem eine Bettlerin saß und um Geld bat. Sie hielt sich immer am gleichen Ort auf und nahm die Almosen entgegen, ohne auch nur einen Blick auf die Geber zu verschwenden. Rilke gab ihr nie etwas, während seine Begleiterin der Frau öfters Geld gab. Als die Französin Rilke eines Tages fragte, warum er der Frau nie etwas gebe, erhielt sie zur Antwort, daß man ihrem Herzen und nicht ihrer Hand etwas schenken solle. Einige Tage darauf brachte Rilke der Bettlerin eine schöne, frisch erblühte Rose und legte sie ihr in die Hand. Da geschah etwas Unerwartetes: die Bettlerin blickte zu Rilke auf, erhob sich mühsam vom Boden und ging mit der Rose davon. Ein Woche war die Bettlerin nicht mehr zu sehen. Dann saß sie wieder wie zuvor an ihrem gewohnten Platz und wandte sich weder mit einem Blick noch mit einem Wort an ihre Geber. Auf die Frage der Französin, wovon die Frau während der Zeit, in der sie keine Almosen erhalten habe, gelebt habe, antwortete Rilke: "Von der Rose." - Daß das möglich ist - davon ist die Gärtnerin überzeugt! Liebe Grüße von: Jutta

Mittwoch, 5. August 2009

Wiederbegegnung


Vormittags fand ich es beim Herumräumen in meinem Bücherregal, das schmale, längst vergessene und abgegriffene Bändchen: "Nur eine Rose als Stütze" von Hilde Domin. Später am Tag las ich ein Interview mit ihr in der Frankfurter Rundschau, 2 Monate vor ihrem Tod geführt und jetzt abgedruckt anläßlich ihres 100. Geburtstages. Bei der Lektüre fiel mir ein, daß ich einmal bei einer Lesung von ihr in Frankfurt war, zusammen mit meiner Freundin Heide, es muß Mitte/Ende der achtziger Jahre gewesen sein. Ich erinnerte mich pötzich ganz deutlich an die besondere Atmosphäre dieses Abends mit Hilde Domin: eine kleine alte Dame mit weißem hochgesteckten Haar und sehr wachen Augen; ein Zusammenspiel aus Zartheit und Kraft war sie. Und w i e sie ihre Gedichte vortrug!! Die Texte und die Person waren eins: gelebtes Leben. - Zum 100. Geburtstag gab es am gleichen Tag spätabends einen Film über H.D. im Fernsehen - mit dem Titel "Nur eine Rose als Stütze..", der mehr als bewegend war. Eine junge Filmemacherin (dem Alter nach hätte sie ihre Urenkelin sein können) lernte H.D. zwei Jahre vor ihrem Tod kennen und begleitete sie in ihrem täglichen Leben mit der Kamera. Aus dieser gemeinsamen Zeit entstand dieser wunderbare Film und eine Freundschaft zwischen den beiden Frauen. - Nun folgt das wunderbare Gedicht:

Nur eine Rose als Stütze
Ich richte mir ein Zimmer ein in der Luft
unter den Akrobaten und Vögeln:
mein Bett auf dem Trapez des Gefühls
wie ein Nest im Wind
auf der äußersten Spitze des Zweigs.

Ich kaufe mir eine Decke aus der zartesten Wolle
der sanftgescheitelten Schafe die
im Mondlicht
wie schimmernde Wolken
über die feste Erde ziehen.

Ich schließe die Augen und hülle mich ein
in das Vlies der verläßlichen Tiere.
Ich will den Sand unter den klenen Hufen spüren
und das Klicken des Riegels hören,
der die Stalltür am Abend schließt.

Aber ich liege in Vogelfedern, hoch ins Leere gewiegt.
Mir schwindelt. Ich schlafe nicht ein.
Meine Hand
greift nach einem Halt und findet
nur eine Rose als Stütze.

Die Gärtnerin liebt Ausflüge in die Poesie, besonders wenn ihr dort Rosen begegnen...

Sonnige Tage wünscht: Jutta