Samstag, 25. Juli 2009

Schneiden tut weh




"Du mußt deinen Lavendel schneiden, wenn du noch was von den Blüten haben willst", sagte meine Freundin Veronika letzten Sonntag zu mir. Recht hatte sie - und die Gärtnerin hatte mal wieder Anlaß über ihre Schneidehemmung nachzudenken. Es ist zwar im Laufe der Jahre schon besser damit geworden, aber es ist immer ein großer Widerstand in mir, zurückzuschneiden, abzuschneiden... So wird der Garten an manchen Stellen zum Dschungel. Was mich auch nicht glücklich macht! Bei den Rosen bin ich schon ganz schön rigoros im Laufe meines noch nicht allzu langen Gärtnerinnendaseins geworden, daß die Rosen den Schnitt wirklich nötig haben, das konnte ich jedes Jahr an ihrer zunehmenden Blühfreudigkeit sehen. Aber ich liebe die frischen Austriebe meiner Buchsbaumkugeln und irgendwie tut es mir leid, zur Schere zu greifen, um sie abzuschneiden, damit die Kugelform erhalten bleibt. Wenn's dann geschehen ist, bin ich's doch zufrieden! Wie der Teufel hinter der armen Seele muß ich mit der Schere meiner japanischen Drachenweide (man höre: salix sachalinensis sekka) zu Leibe rücken, die im hinteren linken Gartendrittel wächst. Und wie sie wächst! Wenn ich nicht aufpasse, ist sie durch den Garten marschiert mit ihren schönen langen grünen Wedeln. Da ich eine Staudenrabatte mit Phlox und rotem und weißem Sonnenhut und Herbstmargariten vor die Weide gepflanzt habe, muß ich das grüne Ungeheuer schon im Zaum halten. - Apropos schneiden: Nachbarin Ingebog macht den Schnecken, die wieder eine Plage in diesem Jahr sind, mit der Schere den garaus: sie s c h n e i d e t sie durch! Also: das ist auch nicht mein Ding! Vielleicht hat meine Schneideunlust auch mit manchen ostfriesischen Gartenbesitzern zu tun, die immer und alles, aber auch alles schneiden: pausenlos werden die Rasenflächen gemäht, viele schneiden mehrmals im Jahr ihre Hecken und im Spätsommer fangen sie schon an, Stauden und Blüten hinzumachen, damit der Garten "winterfest", ordentlich und "schwarz" ist. Rabiat! Das ist nichts für mich! Widerstand gegen's Schneiden ist also durchaus angebracht. Aber nun freue ich mich über drei dicke Sträuße herrlich duftender Lavendelblüten! Schönes Wochenende, endlich mal ohne Regenschauer, wünscht: Jutta

Dienstag, 21. Juli 2009

Schöner Fingerhut



Nun sind sie alle verblüht - fast jedenfalls. Ganz oben an den nahezu mannshohen Rispen leuchten noch ein paar Glöckchen, während sich weiter unten die grünen Samenhüllen schon bräunlich färben. Die Hummeln finden auch noch das letzte Glöckchen - und krabbeln brummelig hinein. Eigentlich sind es keine Glöckchen, sondern längliche Blütenschlünde mit wunderbaren und immer wieder anders gefärbten Saftmalen, und ich kann die Hummeln gut verstehen, sie können sich richtig tief in ihnen verstecken, wie in einem kleinen Paradies. Der botanische Name gefällt mir so gut: Digitalis purpurea . Es gibt sie auch in weiß - dann kommt noch der Zusatz "Alba" hinzu. Das heißt dann, daß der rote Fingerhut weiß blüht. Das gefällt mir! Giftig ist er und heilsam zugleich, und in der Medizin spielt er eine Rolle, wobei die wilden Sorten - ich hab den Fingerhut schon oft wildwachsend am Waldrand gefunden - sehr viel giftiger sind als die Gartensorten (zwanzig Gartensorten gibt es!) Zweijährig ist er, im ersten Jahr erscheint die dicke Blattrosette, im zweiten Jahr steigt er in die Höhe und blüht. Schneidet man die verblühte Rispe sofort ab, kann die Pflanze mehrere Jahre überleben. - So eine Gruppe Fingerhüte in voller Blüte ist schon toll! Der Fingerhut schleudert, wenn man ihn läßt, seine winzigen Samen in alle Winde und er taucht in allen Ritzen auf - zwischen Hauswand und erster Terrassenplatte haben sie geblüht in diesem Sommer - und Jahr für Jahr finde ich sie an Stellen, wo sich mich neu erfreuen - oder nerven. Ich weiß nicht, wie sie in meinen Garten gekommen sind, ich habe nie welche ausgesät, aber Nachbarin Ingeborg hatte welche. So werden sie mit dem Wind rübergeweht sein. Meine Freundin Marianne erzählte mir, daß sie jahrelang die prächtigsten Fingerhüte in ihrem Garten hatte - und plötzlich waren sie alle weg, wie vom Erdboden verschwunden, obwohl sie die Samenstände hat stehen lassen! Sehr merkwürdig und eigentlich gegen alle Regeln! Aber: "Schwund ist immer", sagt meine Schwester Doris. Sonnige Sommertage wünscht Jutta

Dienstag, 14. Juli 2009

Die Geschichte von Paul ('s Himalayan Musk)


Endlich wieder Sonne und Wärme! Die ersten Mitmenschen stöhnen: es ist sooo heiß! Die Gärtnerin hat die Nässe satt - faulige Rosenknospen betrüben ihr Gemüt. So spaziert sie durch den Garten und sieht natürlich alle Schäden, die durch Hitze und Trockenheit und auch durch den heftigen Regen entstanden sind. Und macht sich an die Arbeit. Heute hat sie sich an Paul rangemacht, Paul's Himalayan Musk (Rambler, 1916, Blüte: einmal, hell- bis lilarosa, klein, rosettenförmig, in Büscheln, moschusartiger, lieblicher Duft, Stacheln mit Widerhaken, starker Wuchs, 6 m lange rankende Triebe, schattenverträglich, sehr frosthart), 10 Jahre alt, eine meiner ersten Rosen. Ich weiß noch, daß ich Paul am 1. Advent 1999 bei sehr mildem Wetter mit Jörg, meinem ostfriesischen Gartenfreund und -helfer, gepflanzt habe. Mitgebracht aus Steinfurt, vom altbewährten Rosenhof Schultheis. Es gab am Gartenende eine verkrüppelte Kiefer, in die Paul hineinwachsen sollte. Die Kiefer hat er längst hingemacht. Später stellte sich heraus, daß ich Paul völlig falsch gepflanzt hatte, der Sonne abgewandt, gegen Norden. Das hat er dann selber korrigiert, indem er sich einfach nach ein paar Jahren umgedreht hat und in die Gegenrichtung - zur Sonne hin - weiterwuchs. So mußte sein Stützgitter verlängert und erweitert werden, und als er drohte, unter der Last seiner unzähligen Triebe zusammenzubrechen, hat Jörg Paul im Herbst 2007 - nach einer unglaublichen Blütenfülle Anfang Juni - bis auf drei armdicke Triebe, anderthalb Meter hoch - nicht zurück-, sondern wirklich abgeschnitten. Anders ging es nicht: aus Paul war ein riesiges Dickicht kreuz und quer gewachsener alter und neuer Triebe geworden. Ich dachte, das ist Paul's Ende, er stand arm und kahl rum. Leicht verzweifelt pflanzte ich einige "Clemis" an sein Gitter und hoffte auf Paul's Wiederauferstehung. Im letzten Jahr trieb er aus, und in diesem Jahr blühte er schon wieder. An manchen Tagen trug der Wind seinen wunderbaren Duft bis rüber zu meinen Nachbarn Conny und Arno, wie sie mir erzählten. Und was sehe ich heute: er macht schon wieder was er will: eine Menge langer Peitschentriebe sind geschossen - übereinander und untereinander! Also hab ich heute den frischen, neuen Paul gleich ein bißchen zur Ordnung gerufen: Triebe entwirrt, festgebunden, gestutzt. Wehret den Anfängen! Aber eine große Liebe ist er schon! Sonnige Tage wünsche: Jutta

Freitag, 10. Juli 2009

Melancholisches Sommerloch




Nun hat sie zusgeschlagen - die Melancholie: beim Schneiden der zahllosen verwelkten Rosenblüten ("der Sommerschnitt", wie die allwissenden Rosenfachleute sagen), beim Zusammenkehren von verwehten Blütenbergen, zäh und verklebt vom nicht aufhören wollenden ostfriesischen Dauer-Starkregen, und bei der Begegnung mit den häßlichen fetten Nacktschnecken, die genüßlich über die Treppenstufen vor der Haustür spazierten. Unerfreulicher Tag! Jedes Jahr im Juli erwischt sie mich, die Melancholie, wenn der erste Rosenrausch vorüber ist. Wohl wissend, daß der zweite Rausch ein Räuschchen gemessen am ersten ist. So tröstet sich die Gärtnerin damit, daß heute gegen Abend der Regen doch aufhörte und ein langer Gang mit der lieben Paula im Trocknen stattfinden konnte... daß die Hortensien in diesem Jahr sehr schön blühen (im letzten Jahr hatten sie durch späten Frost ihre Blütenansätze verloren)... daß meine vielen Clematis noch so verschwenderisch blühen und, wenn auch mit Verlusten, dem Unendlichregen getrotzt haben... und sie tröstet sich mit zwei Gedichten, die sie hier aufschreiben will:

Rosen

Wenn erst die Rosen verrinnen
aus Vasen oder vom Strauch
und ihr Entblättern beginnen,
fallen die Tränen auch.

Traum von der Stunde Dauer,
Wechsel und Wiederbeginn,
Traum - vor der Tiefe der Trauer:
blättern die Rosen hin.

Wahn von der Stunden Steigen
aller ins Auferstehn,
Wahn - vor dem Fallen, dem Schweigen:
wenn die Rosen vergehn.

(von dem schwierigen Gottfried Benn)

und: Regentag im Sommer

Endlich der Schluß des ewigen Sonnenbrandes:
Der Regen wird den ganzen Tag regieren.
Bravo! Kaum wird ein Streifen des Gewandes
der Menschen heut den Pflasterstein passieren.
Ich bin allein. Gottlob! es wird niemandes
Geschwätz mein Zimmer grausam profanieren.
Ein Sprichwort sagt, ich weiß nicht welchen Landes:
Im Regen geht der Pöbel nicht spazieren.

(Detlev von Liliencron, der Mensch hatte Humor!)
Schönes Wochenende wünscht: Jutta






Donnerstag, 9. Juli 2009

Rückblick auf Inseltage
















Im Rosenmonat verläßt die Gärtnerin ungern Haus und Garten - es sei denn, es geht "zur Insel", wie die Ostfriesen sagen, wobei es egal ist, welche Insel sie meinen. Wir (meine Schwester Doris, Paula und ich) sind nach Baltrum gefahren, um die Nase in den Wind zu halten und endlich mal wieder das "richtige" Meer zu sehen. Baltrum kannte ich noch nicht, das "Dornröschen der Nordsee", heißt's im Prospekt. Ja, es war wie eine Zeitreise in die fünfziger Jahre, nur eine halbe Stunde mit der Fähre - eigene "Baltrum-Linie"! - und schon waren wir fernab jeden Straßen- und sonstigen Lärms, nicht mal Elektrokarren, nur Fahrräder mit klappernden Anhängern und Pferdewagen und -kutschen. Und: alles gaaanz langsam und gemütlich! 500 Inselbewohner gibts, keine Straßennamen, nur Hausnummern. Hat eine Weile gedauert, bis wir unser Hotel fanden! Aber toller Service: netter, sehr wortkarger Mensch mit Schild in der Hand "Hotel Seehof" am Hafen, der mit Fahrrad und Hänger unser Gepäck zum Hotel transportierte. Und dann: wunderschöne Tage mit ganz viel Sonne und ganz viel Wind und ganz viel Rosenduft - Baltrum ist über und über bewachsen mit Wildrosen in rot, lila, rosa und weiß - nicht nur entlang der Dünenwege, sondern auch in allen Vorgärten und rund um die Kirche, die alte und die neue, und .... einfach überall! Da hat die Gärtnerin wieder mal wehmütig festgestellt, daß ihr Garten einfach zu klein ist, denn so eine Wildrosenhecke wäre doch schön ..... - Womit auch eine Inselreise wieder bei den Rosen endet ... Ein (Regen ist nun genug!) hoffentlich sonniges Wochenende wünscht Jutta

Mittwoch, 1. Juli 2009

Gedanken im Liegestuhl


Das sind die heißen Tage, an denen die Gärtnerin abends mit Gießkannen bewaffnet durch den Garten trabt, um ihre zahlreichen Kübel- und Topfkinder zu wässern. Und nimmt sich wieder einmal vor - was reine Theorie bleibt -, im nächsten Jahr aber wirklich und endlich weniger Töpfe und Kübel zu haben! - Seit einer Woche sind nun die späten Rosen aufgeblüht - Kiftsgate im Apfelbaum schwingt sich weit übern "Schlot" (=ostfriesisches Platt, hochdeutsch: Graben) zum Nachbarn rüber und zeigt mir, daß sie noch viel weiter will. Als Kiftsgate zum ersten Mal blühte, war ich etwas enttäuscht und dachte: sie ist ja genau wie Bobby James im Kirschbaum. Aber nein: mein Blick wurde schärfer und Kiftsgate blühfreudiger: sie hat reinweiße, einfache Blüten mit braunen Staubgefäßen und Bobby James hat größere, halbgefüllte Blüten in sattem Rahmweiß mit gelber Mitte. Und die letzten "Spätlinge" sind meine "englischen Töchter", zwei Hochstämme, deren Namen ich lange vergessen hatte (was mir ganz selten passiert) und die immer etwas hochmütig an ihrem Platz vor meinen riesigen Koniferen im hinteren Garten stehen und jetzt gnädig ihre wunderschönen duftenden Blüten entfalten. Im Hinterkopf war nur noch "englische Rose, fängt mit O an". So wühlte ich im Karton mit den alten Pflanzenetiketten und siehe da: "Octavia Hill, Harkness Abundance Roses, introduced in 1998, adds a stylish touch to any garden". Ja, ein bißchen stylish gucken sie schon! Und im Internet finde ich: Octavia Hill, 1838-1912, britische Sozialreformerin. Mitbegründerin des National Trusts, eine Organisation, die Objekte aus dem Bereich der Denkmalpflege und des Naturschutzes in England, Wales und Nordirland betreut. In ihren Vorstellungen zur Sozialreform unterbreitete Hill zahlreiche konkrete bedeutende Vorschläge, z.B Gartenstädte und Arbeiterhochschulen. - Wer sagt's denn: Rosen bilden! Schönste Sommertage wünscht Jutta